Wie wirkt sich die Pandemie auf die berufliche Situation von psychisch erkrankten Menschen aus?

Mitarbeitende der beruflichen Rehabilitation und Wiedereingliederung wurden im Februar 2021 in einer Kurzumfrage online befragt. Darin äußerte ein Großteil, dass sich die beruflichen Perspektiven und Teilhabechancen von psychisch erkrankten Menschen unter den Pandemiebedingungen verschlechtert hätten. Am häufigsten wurden fehlende Arbeitsstellen als Hindernis genannt. Viele Unternehmen reagierten mit Verkürzung der Arbeitszeiten und mit dem Verzicht auf Neu- oder Wiedereinstellungen auf die aktuelle Situation. Weiterhin habe die Pandemiesituation zu Verschlechterungen der psychischen Symptomatik geführt sowie zu Problemen hinsichtlich der Erreichbarkeit von betrieblichen, behördlichen oder anderen Ansprechpersonen. Als weitere Barriere wurde die zunehmende Digitalisierung von Abläufen genannt. Dabei könne es schon an der fehlenden technischen Ausstattung scheitern. Auch langfristig erwartete die Mehrheit der befragten Personen pandemiebedingte Beeinträchtigungen der beruflichen Teilhabe. Es wird daher empfohlen individuell angepasste, flexible und langfristige Unterstützungsmaßnahmen für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen zu entwickeln und umzusetzen. Dabei greifen die Autorinnen und Autoren der Untersuchung den Kritikpunkt auf, dass Angebote im Sinne des „First-train-then-place“-Ansatzes den Fokus auf Trainingsmaßnahmen legten, es jedoch erforderlich sei eine fortlaufende Unterstützung am Arbeitsplatz anzubieten. Diese erfolge beispielsweise durch den „Individual Placement and Support“-(IPS)Ansatz, der darauf abzielt Personen in der Rehabilitation zunächst auf einen Arbeitsplatz zu platzieren und sie dann während der Tätigkeit zu begleiten und nachhaltig zu unterstützen.

Quelle: Dehn, L. B., Böske, N., Beblo, T., Steinhart, I., Stengler, K., & Driessen, M. (2021). Arbeitsperspektiven für Menschen mit psychischen Erkrankungen unter Corona-Bedingungen: Eine explorative Kurzumfrage. Psychiatrische Praxis. DOI: 10.1055/a-1623-4622